Carletto ist der offizielle Distributor für Pokémon TCG Produkte in der Schweiz.
Während viele Grossverteiler und Shops in der Schweiz direkt von Carletto beziehen, gibt es einen
erheblichen Anteil an Grauimporten. Unter anderem, weil es für viele Onlineshops mehr oder
weniger unmöglich ist, bei Carletto bestellen zu dürfen. Aber auch weil der Demand
im momentanen Hype nach Pokémon TCG Produkten den Supply bei weitem übersteigt.
Scalping als Problem
Carletto hat nun direkt an viele Shops einen Aufruf geschickt, der die Shops auf die Scalper-problematik aufmerksam machen soll. Der Aufruf wurde auch online veröffentlicht, und lautet wie folgt:Das Statement illustriert detailliert, in welcher fiktiven Welt Carletto und die Pokémon Company leben. Vorallem was Carletto nicht erwähnt, spricht Bände. Ich habe daher an Carletto einige pointierte Fragen geschickt, in der vollen Erwartung auf absolut nichtssagende Antworten. Die Fragen lauteten:Wichtige Mitteilung: Scalping
Scalping oder wie die Verfügbarkeit von Pokémon beeinträchtigt wird, zugunsten weniger – letztlich zum Nachteil vieler!
Scalping ist eine aktive Form des Daytradings und wird auf verschiedenen Märkten angewendet, darunter Aktien, Währungen, Konzert-Tickets oder limitiert verfügbare Waren wie z.B. Pokémon. Limitierte Pokémon-Editionen werden durch Scalper in grösseren Mengen aufgekauft und zu einem späteren Zeitpunkt zu erheblich erhöhten Preisen weiterverkauft. Damit wird infolge des Scalpings die limitierte Verfügbarkeit durch die hohe Nachfrage zusätzlich angeheizt und die Preise in die Höhe getrieben. Für junge Pokémon-Fans wird es dadurch praktisch unmöglich zu erschwinglichen Preisen einzukaufen und Pokémon verkommt zum Spekulations-Objekt. Neue Editionen erreichen keine breite Kunden- resp. Fanbasis mehr und der Handel wird ausgebremst, was uns alle angeht. Langfristig kann Scalping somit nachhaltig der Marke, dem Handel und den Konsumenten schaden.
Letzterem gilt es im Interesse aller Beteiligten entgegenzuwirken. Pokémon und Carletto werden daher aktiv Scalping begegnen und Massnahmen gegen Scalping und Scalpers ergreifen. Dennoch benötigen wir die Unterstützung unserer Handelspartner, da wir bei dieser Herausforderung allein an unsere Grenzen stossen.
Was können Sie aktiv unter Einsatz geringfügiger Mittel im Geschäftsalltag zur Unterstützung beitragen, um Scalping zu begegnen?
Hinweise oder Vorschläge für weitere erfolgsversprechende Massnahmen gegen Scalping nehmen wir gern entgegen und stehen bei Fragen oder sonstigen Anmerkungen zur Thematik selbstverständlich zur Verfügung.
- Maximal 1-2 Artikel pro Kunde im Verkauf, Versand und Laden verkaufen.
- Sammelbestellungen unterbinden.
- Nicht die gesamten neuen Editionen am POS präsentieren, sondern Ware gestaffelt an den POS bringen.
Was bringt es Ihnen Scalping zu bekämpfen?
- Eine breite Basis von Pokémon-Fans finden an Ihrem POS limitierte Ware, statt bloss wenige Scalper; d.h. mehr Kunden, mehr Frequenz.
- Pokémon-Produkte sollen Kinder und Pokémon-Fans erreichen; das garantiert Ihnen zukünftige Umsätze (Kunden von morgen).
- Sie können die Verfügbarkeit an ihrem POS besser steuern und dadurch attraktiver für die Pokémon-Community sein.
Pokémon und Carletto sind sich bewusst, dass sich einige Händler eine bessere Verfügbarkeit der Pokémon-Produkte wünschen. Aktuell hat sich der Absatz von Pokémon weltweit verdreifacht und stellt Hersteller und Distribution damit vor grosse Herausforderungen. In diesem Kontext ist Scalping weder hilfreich noch zielführend. Ungeachtet dessen werden wir das in unserer Macht Stehende tun, um die Verfügbarkeit für unsere Handelspartner zu optimieren.
Bitte helfen Sie uns Scalping zu bekämpfen. Es hat genug Pokémon-Produkte für viele Ihrer Kunden, aber nicht für wenige Scalper!
Carletto antwortete tatsächlich sehr zeitnah, aber natürlich ohne gross auf die Fragen einzugehen:
- Wenn Carletto so erbost ist über Scalper die Produkte teurer weiterverkaufen - wieso beliefern sie dann weiterhin Shops die absolute Wucherpreise im Vorverkauf verlangen? (300 CHF plus für Boosterboxen) Wenn man die Geschäftsbeziehung mit dem schlimmsten dieser Shops beenden würde, und ein entsprechendes Pressestatement herausgeben würde, wäre die Signalwirkung für die restlichen Shops immens.
- Warum werden Grossverteiler wie Coop und Migros nicht in die Pflicht genommen die Produkte mit dem angemessenen Respekt zu behandeln? Diese verkaufen mehr oder weniger alle Produkte assortiert was es Fans zusätzlich schwieriger macht an Produkte von spezifischen Sets zu kommen.
- Warum geht man sogar so weit und blockiert Fachshops, wie bei Mega Evolution, davon Sleeved Booster zu bestellen?
- Warum sind die vorgeschlagenen Limits die diverse Läden nun umsetzen völlig inkonsistent und leicht umgehbar? Ist das nicht eine Pflästerlipolitik die es den ehrlichen Fans nur noch schwieriger macht?
Carletto AG ist seit 1999 der offizielle Distributor von Pokémon in der Schweiz. Wir haben den Auftrag die Kunden in der Schweiz mit Pokémon Artikeln zu beliefern. Es steht unseren Handelspartnern frei, diese sorteinrein oder assortiert anzubieten, je nach dessen Möglichkeiten. Es gibt für jeden Kanal passende Produkte, welche durch Lieferengpässe mal besser mal weniger gut verfügbar sind.
Mit unserem Schreiben wollen wir auf die aktuelle Situation des Scalping aufmerksam machen und unserer Kunden dazu animieren, die Produkte in geregelten Mengen abzugeben und allen Pokémon Fans den Zugang zu ermöglichen.
Fazit
Die nachfolgenden Aussagen sind Meinungen und keine Tatsachenbehauptungen über Carletto oder die Pokémon Company. Das Statement bezüglich Scalping ist also, wie ebenfalls erwartet, ein reines Lippenbekenntnis, vermutlich auf Drängen von der Pokémon Company hin. Carletto, die Pokémon Company und die grossen Shops in der Schweiz die selber mit Scalperpreisen arbeiten, haben kein Interesse daran, das Problem wirklich anzugehen. Sie sind im Gegenteil überglücklich dass in ihren Lagern nahezu nichts liegen bleibt. Das ursprüngliche Statement Satz für Satz auseinanderzunehmen würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, aber ein paar Punkte möchte ich dann doch anmerken:- Scalping als Daytrading zu bezeichnen ist kurios und legitimiert die Praxis unnötig.
- "Limitierte Pokémon-Editionen" ist ein Begriff der uns schon sagt, das hinter dem Text jemand steckt der die Produkte nicht kennt. Es sind fast alle TCG-Produkte betroffen, aber vor allem Produkte mit Packs von gehypten Sets.
- Der Fokus auf junge Pokémon-Fans ist scheinheilig. Und wird ja auch gleich wiederlegt - die Kinder seien ja auch die Kunden von morgen. Pokémon wird von vielen erwachsenen Fans gekauft und das ist auch in Ordnung so.
- Carletto und Pokémon ergreifen Massnahmen - aber natürlich nichts von Substanz. Man muss ja weiterhin die Wucher-Shops und Grosshändler beliefern, da diese den Umsatz bringen. Besonders ironisch ist es dann, nach Empfehlungen zu fragen. Carletto wurde immer wieder über diese Praktiken informiert, aber unternimmt nichts.
- Wie schon in meinen Fragen erwähnt sind die Limits bestensfalls eine Pflästerlipolitik. Sie sind leicht umgehbar, und nicht einmal grosse Online-shops wie Brack kriegen es ordentlich hin Mehrfachbestellungen vom selben Account zu verhindern.
Letztendlich kann uns nur die erhöhte Printauflage oder eines/mehrere schlechte(s) Set(s) aus dieser Krise retten. Immerhin scheint in Europa an neuen Standorten gedruckt zu werden. Während Displays schon länger aus den Niederlanden kommen, tauchen nun auch Produkte mit Herkunftsorten wie der Tschechischen Republik, Belgien und Österreich auf.
Carletto wird sich hingegen weiter auf ihrer Lizenz zum Geld drucken ausruhen, und weiterhin Shops beliefern die Produkte zu Wucherpreisen verkaufen. Und Grossverteiler denen scheinbar nicht zugemutet werden kann, ein Produkt mit einer EAN zu erfassen.
Nachtrag: Hier noch ein Vorschlag. Wie wäre es damit, Hypesets wie 151 oder Prismatic bei Reprints nicht an Läden zu liefern die diese weit unter dem Marktpreis verkaufen? Jeder Scalper reibt sich die Hände wenn er 151 Mini Tins für 9.07 CHF im Migros findet. Fachläden würden diese näher beim Marktpreis verkaufen, was den Scalpern deutlich weniger Anreiz geben würde. Gebt den Grossverteilern die Shrouded Fables und Vibrant Paldeas - es interessiert die eh nicht welche Sets sie kriegen. Aber das wäre ja dann eine Massnahme die tatsächlich was bewirkt. Und jemand bei Carletto müsste die Produkte verstehen.